Zahlung von Verwarnungsgeldern durch Arbeitgeber kann Arbeitslohn
sein23. November 2020
Zahlt der Arbeitgeber
Verwarnungsgelder, die gegen ihn als Fahrzeughalter festgesetzt werden, weil
seine Fahrer falsch geparkt haben, führt die Zahlung zwar nicht zu Arbeitslohn,
weil der Arbeitgeber eine eigene Schuld tilgt. Allerdings kann der
anschließende Verzicht auf einen Rückgriff gegen die Arbeitnehmer zu
Arbeitslohn bei den Fahrern führen.
Hintergrund: Zum
Arbeitslohn gehört nicht nur das laufende Gehalt, sondern auch weitere
Vorteile, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern als
Gegenleistung für deren Arbeitsleistung
gewährt.
Sachverhalt: Die Klägerin
betreibt einen Paketdienst und beschäftigt Fahrer. Soweit die Klägerin keine
Ausnahmegenehmigungen zum Parken in Halteverbotszonen erhalten hatte, nahm sie
es in Kauf, dass ihre Fahrer im Halteverbot parken, um die Pakete auszuliefern.
Die Fahrer waren nach Angaben der Klägerin angewiesen, sich grundsätzlich an
die Verkehrsregeln zu halten. Wurden bei Verstößen gegen die
Straßenverkehrsordnung Verwarnungsgelder gegen die Klägerin als
Fahrzeughalterin festgesetzt, zahlte sie diese. Das Finanzamt sah hierin
lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn und nahm die Klägerin für die Lohnsteuer in
Anspruch.
Entscheidung: Auf die
hiergegen gerichtete Klage verwies der BFH die Sache zur weiteren Prüfung an
das Finanzgericht (FG) zurück:
-
Die Zahlung der
Verwarnungsgelder selbst führt nicht zu Arbeitslohn. Denn die Verwarnungsgelder
wurden gegen die Klägerin als Fahrzeughalterin festgesetzt, so dass die
Klägerin eine eigene Schuld beglich, nicht
aber eine Schuld ihrer Fahrer. -
Zu Arbeitslohn könnte es aber
dadurch gekommen sein, dass die Klägerin eine realisierbare Forderung in
Gestalt eines Rückgriffs- oder Schadensersatzanspruchs gegen ihre Fahrer hatte
und diese Forderung erlassen hat. Immerhin hat die Klägerin behauptet, dass sie
ihre Fahrer angewiesen habe, sich an die Verkehrsregeln zu halten. -
Das FG muss nun aufklären, ob
es einen derartigen vertraglichen Regressanspruch oder einen gesetzlichen
Schadensersatzanspruch der Klägerin gab und ob sie auf diesen verzichtet hat.
Der Arbeitslohn wäre dann in dem Zeitpunkt zugeflossen, in dem die Klägerin zu
erkennen gegeben hat, dass sie keinen Rückgriff nehmen wird.
Hinweise: Bei einem
Verzicht auf einen realisierbaren Rückgriffs- bzw. Schadensersatzanspruch wäre
steuerpflichtiger Arbeitslohn auch dann anzunehmen, wenn es im überwiegend
eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin
gelegen hätte, dass die Halteverbotszonen missachtet werden, um die Pakete
schnellstmöglich ausliefern zu können. Ein überwiegend eigenbetriebliches
Interesse des Arbeitgebers würde lohnsteuerlich nicht
anerkannt werden, weil anderenfalls das
rechtswidrige Tun der Arbeitnehmer steuerlich
gebilligt werden würde.
Wären die Verwarnungsgelder gegen
die Fahrer festgesetzt worden und hätte die Klägerin die Verwarnungsgelder
bezahlt, hätte dies zu Arbeitslohn geführt, weil die Klägerin dann eine Schuld
der Arbeitnehmer beglichen hätte.
BFH, Urteil v. 13.8.2020 – VI R
1/17; NWB