Umsatzsteuer beim sog. Reverse-Charge-Verfahren, wenn einer der
Leistungsempfänger kein Unternehmer ist15. June 2021
Das umsatzsteuerliche Reverse-Charge-Verfahren, nach dem der
unternehmerisch tätige Leistungsempfänger die Umsatzsteuer trägt, gilt auch
dann, wenn es neben dem unternehmerisch tätigen Leistungsempfänger noch einen
weiteren Leistungsempfänger gibt, der aber nicht Unternehmer ist, und wenn der
unternehmerische Leistungsempfänger das volle Entgelt als Gesamtschuldner
schuldet.
Hintergrund: In bestimmten
Fällen schuldet der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer, z.B. bei der Leistung
eines im Ausland ansässigen Unternehmers an einen deutschen Unternehmer oder an
eine deutsche juristische Person. Der deutsche Unternehmer muss dann als
Leistungsempfänger die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.
Sachverhalt: Der Kläger war
Unternehmer und Alleineigentümer eines unbebauten Grundstücks. Seine Ehefrau
und er beauftragten einen österreichischen Bauunternehmer mit der Errichtung
eines Einfamilienhauses auf dem Grundstück. Das Finanzamt war der Auffassung,
dass der Kläger die gesamte Umsatzsteuer für die Baukosten im Wege des sog.
Reverse-Charge-Verfahrens schulde. Hiergegen wandte sich der Kläger.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof wies die Klage ab:
-
Der Kläger war Unternehmer und Leistungsempfänger eines in
Österreich ansässigen Unternehmers. Damit greift grundsätzlich das sog.
Reverse-Charge-Verfahren, das dem Leistungsempfänger die Umsatzsteuerschuld
auferlegt. -
Die Leistung des österreichischen Unternehmers war nicht
umsatzsteuerfrei. Zwar ist die Lieferung eines Grundstücks umsatzsteuerfrei;
der österreichische Unternehmer war aber nicht Veräußerer des Grundstücks,
sondern das Grundstück gehörte von Anfang an dem Kläger. -
Unbeachtlich ist, dass auch die Ehefrau des Klägers ebenfalls
Leistungsempfängerin war. Denn der Kläger war gleichwohl Gesamtschuldner des
vereinbarten Baupreises und konnte daher vom österreichischen Bauunternehmer in
voller Höhe für die Baukosten in Anspruch genommen werden. Außerdem war seine
Ehefrau keine Unternehmerin und kam daher als Steuerschuldnerin nach dem
Reverse-Charge-Verfahren nicht in Betracht.
Hinweise: Der BFH prüfte noch,
ob nicht möglicherweise eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus
den beiden Eheleuten, Leistungsempfängerin war. Aus Sicht des BFH schied dies
aus, weil es an einem gemeinsamen Zweck fehlte. Anderenfalls hätte nur die
Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Umsatzsteuer geschuldet, falls sie
Unternehmerin gewesen wäre.
BFH, Urteil v. 10.12.2020 – V R 7/20; NWB