Höhe der Säumniszuschläge ist verfassungsgemäß24. April 2023
Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Höhe der Säumniszuschläge, die
sich auf monatlich 1 % bzw. jährlich 12 % belaufen, für verfassungsgemäß. Die
Gründe, die bei Nachzahlungszinsen auf Steuernachzahlungen dazu führten, dass
ein Zinssatz von 6 % für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 als
verfassungswidrig angesehen wurde, lassen sich auf Säumniszuschläge nicht
übertragen.
Hintergrund: Bei einer
verspäteten Zahlung von Steuern werden Säumniszuschläge in Höhe von 1 %
monatlich des rückständigen Betrags erhoben. Jährlich entstehen also
Säumniszuschläge in Höhe von 12 %. Dieser Zuschlag ist doppelt so hoch wie die
für Verzinsungszeiträume bis 31.12.2018 geltenden Nachzahlungszinsen, die
monatlich 0,5 % betrugen, Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr
2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab
1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend
ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gesenkt.
Umstritten ist, ob diese Entscheidung des BVerfG auch Bedeutung für die Höhe
der Säumniszuschläge hat.
Sachverhalt: Der Kläger war ein
Insolvenzverwalter eines Steuerpflichtigen, der die Steuern verspätet bzw. gar
nicht gezahlt hatte. Hierdurch waren Säumniszuschläge in Höhe von 1.153
€ verwirkt worden. Das Finanzamt erließ die Hälfte und meldete die
verbleibende Hälfte in Höhe von 576,50 € zur Insolvenztabelle an. Da der
Insolvenzverwalter die Säumniszuschläge bestritt, erließ das Finanzamt einen
Feststellungsbescheid über Insolvenzforderungen, zu denen auch die
Säumniszuschläge gehörten. Hiergegen klagte der Insolvenzverwalter und machte
die Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge geltend.
Entscheidung: Der BFH wies die
Klage ab:
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Die Höhe von 1 % pro Monat bzw. 12 % jährlich für
Säumniszuschläge ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die
verfassungsrechtlichen Erwägungen für Nachzahlungszinsen, die zur
Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes von 6 % für Verzinsungszeiträume führten,
lassen sich auf Säumniszuschläge nicht übertragen. -
Im Gegensatz zu den Zinsen auf Steuernachzahlungen ist der
Hauptzweck von Säumniszuschlägen nämlich nicht die Abschöpfung von
Liquiditätsvorteilen. Vielmehr geht es bei Säumniszuschlägen vorrangig um die
Sanktionierung verspäteter Zahlungen. Der Steuerpflichtige hat die Entstehung
des Säumniszuschlags aufgrund seiner verspäteten Zahlung zudem bewusst in Kauf
genommen. -
Der Gesetzgeber musste bei der Höhe der Säumniszuschläge auch
nicht das strukturelle Niedrigzinsniveau, das seit 2014 besteht,
berücksichtigen. Säumniszuschläge sind nämlich keine Zinsen,
sondern Nebenleistungen zur Steuer, die die Eigenschaften von
Zinsen teilen. In Säumniszuschlägen ist auch kein konkreter Zinsanteil
enthalten.
Hinweise: Bislang hatte sich der
BFH nur im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Höhe der Säumniszuschläge
geäußert. Die aktuelle Entscheidung ist hingegen ein Urteil im
Hauptsacheverfahren. Allerdings kann eine abschließende Entscheidung über die
Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge allein das BVerfG treffen.
In der Praxis wird angenommen, dass die Hälfte der Säumniszuschläge
als Druckmittel dient und im Übrigen eine Zinsfunktion hat sowie den
Verwaltungsaufwand des Finanzamts ersetzen soll. Ist der Steuerpflichtige
zahlungsunfähig, wird daher auf Antrag in der Regel die Hälfte der
Säumniszuschläge erlassen (wie auch im Streitfall), da bei Zahlungsunfähigkeit
ein Druckmittel sinnlos ist.
Quelle: BFH, Urteil v. 15.11.2022 – VII R 55/20;
NWB