Ermittlung der ortsüblichen Miete grundsätzlich anhand des
Mietspiegels28. May 2021
Die ortsübliche Miete, die für die
Prüfung des Werbungskostenabzugs bei den Vermietungseinkünften wichtig ist, ist
vorrangig auf der Basis des örtlichen Mietspiegels zu ermitteln. Gibt es keinen
Mietspiegel oder ist er nicht verwendbar, kann die ortsübliche Miete mithilfe
eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder durch
Auskunft aus einer Mietdatenbank oder unter Heranziehung mindestens dreier
vergleichbarer Wohnungen ermittelt werden. Jede dieser drei Ermittlungsarten
ist grundsätzlich gleichrangig.
Hintergrund: Bei der
Vermietung von Wohnungen fallen regelmäßig Werbungskosten an. Der Gesetzgeber
sieht eine anteilige Kürzung der Werbungskosten vor, wenn die Miete weniger als
66 % bzw. – seit 2021 – weniger als 50 % der ortsüblichen Miete
beträgt.
Sachverhalt: Die Klägerin
vermietete seit 2015 eine 57 qm große Wohnung in Thüringen an ihre Tochter zu
einer Miete von 300 € monatlich zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von
70 €. Die Tochter trug die monatliche Abschlagzahlung für den Strom in
Höhe von 49 €. Eine weitere gleich große Wohnung im selben Haus
vermietete die Klägerin an einen Fremdmieter für monatlich 500 €
zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 78 €. Das Finanzamt erkannte
die Werbungskosten für die an die Tochter vermietete Wohnung nur im Umfang von
64,01 % an. Hierbei ging es von einer ortsüblichen Miete von 578 € aus,
so dass die von der Tochter gezahlten 370 € weniger als 66 % hiervon,
nämlich 64,01 %, betrugen.
Entscheidung:
Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren
Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
-
Bei der ortsüblichen Miete
handelt es sich um die ortsübliche Kaltmiete (zuzüglich der nach der
Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten) für vergleichbare Wohnungen, wie
sie sich aus dem örtlichen Mietspiegel ergibt. Dies kann der einfache
Mietspiegel, aber auch der qualifizierte Mietspiegel sein. Maßgeblich ist dabei
die sich aus dem Mietspiegel ergebende Spanne für vergleichbare Wohnungen; es
ist also nicht der Mittelwert anzusetzen. Die Miete ist erst dann nicht mehr
ortsüblich, wenn sie die Grenzwerte der Spanne über- oder unterschreitet. -
Die ortsübliche Miete ist nur
dann nicht aus dem Mietspiegel abzuleiten, wenn es keinen Mietspiegel gibt oder
der Mietspiegel nicht regelmäßig an die Marktentwicklung angepasst worden ist
oder der Mietspiegel substanzielle Defizite bei der Datenerhebung aufweist oder
aus sonstigen Gründen einen mangelhaften Erkenntniswert hat. Gleiches gilt,
wenn es sich um ein Sonderobjekt handelt, das nicht vom Mietspiegel erfasst
wird. -
In den vorstehend genannten
Fällen, in denen nicht auf einen Mietspiegel zurückgegriffen werden kann, kann
die ortsübliche Miete aus einem Gutachten eines öffentlich bestellten und
vereidigten Sachverständigen oder aus der Auskunft einer Mietdatenbank oder aus
den Mieten für mindestens drei vergleichbare und mit Adresse, Lage und
Stockwerk bezeichneten Wohnungen abgeleitet werden. Jeder dieser
Ermittlungswege ist grundsätzlich gleichrangig. -
Im Streitfall darf die
ortsübliche Miete nicht aus der anderen von der Klägerin vermieteten Wohnung
abgeleitet werden. Vielmehr muss das FG zunächst den örtlichen Mietspiegel
heranziehen und muss bei der Höhe der gezahlten Miete auch die von der Tochter
gezahlte Abschlagzahlung für den Strom berücksichtigen, da es sich insoweit um
einen abgekürzten Zahlungsweg handelt; die gezahlte Miete betrug damit 419
€ (300 € + 70 € + 49 €).
Hinweise: Der BFH macht
deutlich, dass vorrangig der örtliche
Mietspiegel auszuwerten ist, um die ortsübliche Miete zu
ermitteln. Erst wenn dieser nicht vorhanden oder nicht verwertbar ist, darf auf
die Mieten für drei oder mehr vergleichbare Wohnungen zurückgegriffen werden;
es ist also nicht möglich, nur die Mieten für ein oder zwei vergleichbare
Wohnungen heranzuziehen. Der BFH hält damit an seiner bisherigen Rechtsprechung
nicht mehr fest, nach der eine vergleichbare Mietwohnung im selben Haus als
ausreichender Vergleichsmaßstab herangezogen werden kann.
BFH, Urteil vom 22.2.2021 – IX R 7/20; NWB