Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der
Steuererklärung1. December 2020
Ein Unternehmer ist auf Antrag von
der Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärungen zu befreien,
wenn er keinen Internetanschluss hat und der finanzielle Aufwand für den
Internetanschluss in keinem wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu seinen
unternehmerischen Einkünften steht. Die elektronische Übermittlung ist dann für
ihn wirtschaftlich unzumutbar.
Hintergrund: Unternehmer
müssen ihre Steuererklärungen elektronisch an das Finanzamt übermitteln.
Allerdings sieht das Gesetz eine Befreiung von dieser Pflicht vor, wenn die
elektronische Übermittlung wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Der
Unternehmer kann dann die Steuererklärungen in Papierform übersenden.
Sachverhalte: Dem
Bundesfinanzhof lagen zwei Fälle vor: In dem einen Fall ging es um einen
Physiotherapeuten, der im Streitjahr 2017 einen Gewinn von ca. 14.500 €
erzielte und keinen Internetanschluss hatte. Er beantragte für die Abgabe
seiner Einkommensteuererklärung 2017 eine Befreiung von der Pflicht zur
elektronischen Übermittlung.
Im zweiten Fall ging es um einen
Steuerberater, der seine Tätigkeit von seiner Privatwohnung aus und ohne
Mitarbeiter und Internetanschluss ausübte und nebenher noch als
Zeitungszusteller tätig war. Er hatte bis 2014 nur Verluste aus seiner
Steuerberatertätigkeit erzielt. Er beantragte für die Abgabe seiner
Einkommensteuererklärung 2015 eine Befreiung von der Pflicht zur elektronischen
Übermittlung; die Höhe seiner freiberuflichen Einkünfte im Jahr 2015 war dem
BFH nicht bekannt.
In beiden Fällen lehnte das
Finanzamt die Befreiung ab.
Entscheidung: Der BFH gab
der Klage des Physiotherapeuten statt und verwies das Verfahren des
Steuerberaters an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung
zurück:
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Die elektronische Übermittlung
der Steuererklärung ist wirtschaftlich unzumutbar, wenn der finanzielle Aufwand
für die Einrichtung und Aufrechterhaltung des Internetanschlusses in keinem
wirtschaftlich sinnvollen Verhältnis zu seinen unternehmerischen Einkünften
(aus Gewerbebetrieb, aus freiberuflicher Tätigkeit oder aus Land- und
Forstwirtschaft) steht. Dies ist dann der Fall, wenn es sich um einen
Kleinstbetrieb handelt. -
Auf die nichtunternehmerischen
Einkünfte wie z.B. Arbeitslohn, Vermietungs- oder Kapitaleinkünfte kommt es
nicht an. Denn die Pflicht zur elektronischen Übermittlung der Steuererklärung
knüpft an die Erzielung unternehmerischer Einkünfte an. -
Im Fall des Physiotherapeuten
war die wirtschaftliche Unzumutbarkeit zu bejahen. Denn er hatte im Streitjahr
2017, für das er eine Befreiung von der elektronischen Übermittlung anstrebte,
nur einen Gewinn von ca. 14.500 € erzielt. -
• Im Fall des
Steuerberaters muss das FG nun aber die freiberuflichen sowie gewerblichen
Einkünfte (als Steuerberater und als Zeitungszusteller) des Jahres 2015
feststellen, um anhand deren Höhe die wirtschaftliche Zumutbarkeit prüfen zu
können. Dass der Steuerberater bis einschließlich 2014 nur Verluste aus seiner
Steuerberatertätigkeit erzielt hat, war für 2015 ohne Bedeutung.
Hinweis: Eine Befreiung
von der Pflicht zur elektronischen Übermittlung wird nur für den jeweiligen
Veranlagungszeitraum gewährt, nicht aber für die Folgejahre. Für das jeweilige
Folgejahr muss also ein neuer Antrag gestellt werden, und es ist dann anhand
der unternehmerischen Einkünfte des Folgejahres zu prüfen, ob eine
elektronische Übermittlung wirtschaftlich unzumutbar wäre.
Eine klare Einkünftegrenze, bis zu
der von einer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit auszugehen ist, hat der BFH
leider nicht aufgestellt. Aus den beiden Entscheidungen ergibt sich auch nicht,
wie hoch die Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung des
Internetanschlusses gewesen wären.
BFH, Urteile vom 16.6.2020 – VIII R
29/17 (Steuerberater) und VIII R 29/19 (Physiotherapeut); NWB