Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt muss
im Verwaltungsrechtsweg geklärt werden9. September 2020
Für einen Rechtsstreit über einen
Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters gegenüber dem Finanzamt, der
Informationen über Vollstreckungsmaßnahmen und Stundungsanträge betrifft und
der auf das sog. Informationsfreiheitsgesetz gestützt wird, ist das
Verwaltungsgericht zuständig und nicht das Finanzgericht. Denn es handelt sich
nicht um eine Steuerangelegenheit.
Hintergrund:
Wird über das Vermögen eines Steuerpflichtigen das
Insolvenzverfahren eröffnet, versucht der Insolvenzverwalter regelmäßig zu
klären, ob es noch Anfechtungsansprüche gegenüber Drittgläubigern gibt. Hierzu
wendet er sich regelmäßig an das Finanzamt und fordert dies zur Auskunft über
die finanziellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen (Gemeinschuldners) in der
Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf. Ein derartiger Anspruch
kann z. B. auf das Informationsfreiheitsgesetz des jeweiligen Bundeslandes
gestützt werden, das Behörden zur Auskunft gegenüber Dritten verpflichtet.
Sachverhalt: Der Kläger
war Insolvenzverwalter über das Vermögen des A. Er forderte das Finanzamt zur
Auskunft auf, wann das Finanzamt erstmals Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem
A eingeleitet hatte und ob A jemals Anträge auf Stundung oder Aussetzung der
Vollziehung gestellt hat. Er stützte den Auskunftsanspruch ausschließlich auf
das Informationsfreiheitsgesetz. Das Finanzamt lehnte den Antrag mit der
Begründung ab, dass der Antrag nur der Durchsetzung insolvenzrechtlicher
Anfechtungsansprüche diene. Seinen Ablehnungsbescheid versah das Finanzamt mit
einer Rechtsbehelfsbelehrung, wonach gegen den Bescheid Klage beim
Finanzgericht (FG) erhoben werden könne. Der Kläger klagte beim FG, das den
Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht (VG) verwies. Gegen diesen
Verweisungsbeschluss erhob das Finanzamt Beschwerde beim Bundesfinanzhof
(BFH).
Entscheidung: Der BFH
wies die Beschwerde zurück:
-
Der Finanzrechtsweg ist für
Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, also Steuersachen, eröffnet. Der
Kläger stützt seinen Anspruch auf das Informationsfreiheitsgesetz, das kein
Steuergesetz ist. Daher ist der Finanzrechtsweg nicht eröffnet. -
Zwar gehören zu den
Abgabenangelegenheiten auch Streitigkeiten über die Verarbeitung
personenbezogener Daten durch die Finanzbehörden, insbesondere also
Streitigkeiten über die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben durch die
Finanzbehörden. Der Kläger gehört aber nicht zu den Personen, deren Daten
verarbeitet werden und er macht auch keine datenschutzrechtlichen
Betroffenenrechte gegenüber dem Finanzamt geltend.
Hinweise: Die eigentliche
Streitfrage, ob der Kläger einen Auskunftsanspruch gegen das Finanzamt hat,
muss noch vom VG entschieden werden.
Derzeit ist noch nicht
höchstrichterlich entschieden, ob und inwieweit Steuerpflichtige Ansprüche auf
Akteneinsicht beim Finanzamt haben und sich dabei auf die
Datenschutz-Grundverordnung berufen können.
BFH, Beschluss vom 16.6.2020
– II B 65/19; NWB