Abzug der noch nicht vollständig geltend gemachten
Erhaltungsaufwendungen beim Tod des Vermieters10. May 2021
Verteilt ein Vermieter größere Erhaltungsaufwendungen für seine im
Privatvermögen befindliche Immobilie auf mehrere Jahre und stirbt er vor Ablauf
des Verteilungszeitraums, kann der noch nicht berücksichtigte Teil der
Erhaltungsaufwendungen im Todesjahr in einer Summe als Werbungskosten des
verstorbenen Vermieters abgezogen werden. Der noch nicht berücksichtigte Teil
geht also nicht auf die Erben über und kann daher nicht von den Erben
steuerlich fortgeführt werden.
Hintergrund: Vermieter können
größere Aufwendungen für die Erhaltung ihrer Immobilie, die nicht zu einem
Betriebsvermögen gehört, auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen.
Sachverhalt: Der Ehemann der
Klägerin hatte eine Immobilie vermietet, die zu seinem Privatvermögen gehörte.
Er hatte in den Jahren 2012 bis 2015 jeweils größere Erhaltungsaufwendungen
getätigt, die er auf fünf Jahre steuerlich verteilen wollte. Er verstarb im
Januar 2016. Zu diesem Zeitpunkt belief sich der noch nicht berücksichtigte
Teil der Erhaltungsaufwendungen auf ca. 30.000 €. Die Klägerin machte
diesen Betrag in der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 2016 als
Werbungskosten des Ehemanns geltend. Das Finanzamt erkannte nur den auf den
Januar 2016 entfallenden Anteil an und war der Ansicht, dass der verbleibende
Betrag von der Erbengemeinschaft fortgeführt werden müsse.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und erkannte Werbungskosten für 2016
in Höhe von 30.000 € an:
-
Die gesetzliche Verteilungsmöglichkeit größerer
Erhaltungsaufwendungen auf zwei bis fünf Jahre soll dem Steuerpflichtigen
Vorteile beim Steuersatz verschaffen. Dieser Zweck würde vereitelt werden, wenn
der beim Tod verbleibende Restbetrag nicht mehr beim verstorbenen
Steuerpflichtigen berücksichtigt werden könnte. Daher kann der verbleibende
Teil im Veranlagungszeitraum des Todesjahres als Werbungskosten des
verstorbenen Vermieters abgezogen werden. -
Der Todesfall ist vergleichbar mit der Veräußerung der
Immobilie, der Einlage der Immobilie in ein Betriebsvermögen oder der
Beendigung der Vermietung. In diesen Fällen lässt der Gesetzgeber den
vollständigen Abzug des noch nicht berücksichtigten Teils der
Erhaltungsaufwendungen zu. Die Vergleichbarkeit ergibt sich daraus, dass in all
diesen Fällen keine Einkünfte aus Vermietung mehr erzielt werden. -
Ein Abzug des verbleibenden Betrags der Erhaltungsaufwendungen
beim Ehemann ist auch deshalb geboten, weil die Aufwendungen seine
Leistungsfähigkeit gemindert hatten. Deshalb scheidet auch ein Abzug des
verbleibenden Betrags bei den Erben aus. Hierfür fehlt es an einer gesetzlichen
Grundlage. Diese wäre aber erforderlich, weil der verstorbene Vermieter und die
Erben unterschiedliche Rechtssubjekte sind.
Hinweise: Der BFH widerspricht
der Auffassung der Finanzverwaltung, die in ihren Richtlinien eine Fortführung
des verbleibenden Betrags der Erhaltungsaufwendungen beim Erben zulässt. Der
BFH macht deutlich, dass die Rechtsprechung an die Verwaltungsrichtlinien nicht
gebunden ist. Außerdem widersprechen die Richtlinien dem Gesetz, das eine
Vererbbarkeit von Verlusten und Aufwendungen nicht zulässt.
Es wirkt sich beim Steuersatz aus, ob der verbleibende Betrag beim
verstorbenen Vermieter oder bei seinen Erben geltend gemacht wird. Außerdem ist
die Abzugshöhe unterschiedlich; denn nach dem aktuellen BFH-Urteil wird im
Todesjahr der gesamte Restbetrag abgezogen, während bei einer Fortführung durch
die Erben der gesamte Verteilungszeitraum ausgeschöpft worden wäre.
BFH, Urteil vom 10.11.2020 – IX R 31/19; NWB