Übertragung einer Rücklage aus einem Veräußerungsgewinn auf eine
Personengesellschaft6. May 2022
Bildet ein Einzelunternehmer für den Gewinn aus der Veräußerung
eines Grundstücks eine Rücklage und will er diese auf eine KG übertragen, an
der er beteiligt ist, wird über die für die Zulässigkeit der Übertragung
maßgebliche Frage, in welchem Jahr er das Grundstück veräußert hat, in seinem
Einkommensteuerbescheid entschieden und nicht in dem
Gewinnfeststellungsbescheid für die KG. Der Gewinnfeststellungsbescheid der KG
für das Jahr, in dem die Rücklage übertragen werden soll, ist nämlich nicht
bindend für den Einkommensteuerbescheid.
Hintergrund: Unternehmer können
für Gewinne aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter wie z.B. Immobilien
eine Rücklage bilden und hierdurch den Gewinn neutralisieren. Erwirbt der
Unternehmer innerhalb des vierjährigen Investitionszeitraums ein bestimmtes
Wirtschaftsgut wie z.B. ein Grundstück, kann er die Rücklage auf das neue
Wirtschaftsgut übertragen. Hierdurch mindert sich bei abnutzbaren
Wirtschaftsgütern zwar die Bemessungsgrundlage für die Abschreibung; jedoch
muss der Veräußerungsgewinn nicht versteuert werden. Die Rücklage kann für
Gewinne, die ab dem 1.1.2002 erzielt werden, auch auf eine unternehmerisch
tätige Personengesellschaft (sog. Mitunternehmerschaft) übertragen werden,
soweit der Unternehmer an der Personengesellschaft beteiligt ist.
Sachverhalt: Die Kläger war
Landwirt und hatte ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 30.6. eines Jahres. Er
verkaufte ein Grundstück mit Gewinn durch Kaufvertrag aus dem Oktober 2001,
wobei sich die Übertragung des Grundstücks bis zum Jahr 2003 hinzog. Daher war
steuerlich nicht klar, in welchem Jahr der Veräußerungsgewinn entstanden war.
Der Kläger bildete für den Gewinn zum 30.6.2002 in seinem Betrieb
eine Rücklage in Höhe von ca. 480.000 €. Im Mai 2006 erwarb er eine
Beteiligung an der S-KG. Bei der S-KG wurde die Rücklage im Jahr 2006 in Höhe
von 400.000 € auf anteilige Anschaffungskosten des Klägers
übertragen und führte dort zu einer gewinnerhöhenden Minderung der Abschreibung
des Klägers in Höhe von ca. 5.000 €. Das für die S-KG zuständige
Finanzamt hielt die Übertragung der Rücklage nicht für zulässig, weil der
Veräußerungsgewinn im Jahr 2001 erzielt worden sei und die hierfür gebildete
Rücklage nicht auf eine Mitunternehmerschaft übertragen werden konnte. Es
minderte daher den Gewinnanteil des Klägers für 2006. Gegen diesen
Gewinnfeststellungsbescheid wehrte sich der Kläger und begehrte eine
Gewinnerhöhung von 5.000 €.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:
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Die Rücklage konnte nur dann auf die S-KG übertragen werden,
wenn das Grundstück nach dem 31.12.2001 verkauft worden ist. Denn für einen bis
zum 31.12.2001 erzielten Gewinn konnte eine Rücklage zwar gebildet, aber nicht
auf eine KG übertragen werden. -
Die Frage, wann das Grundstück im Einzelunternehmen des
Klägers verkauft worden ist, ist im Einkommensteuerbescheid des Klägers zu
beantworten, nicht aber im Gewinnfeststellungsbescheid der S-KG für das Jahr
2006, in dem die Reinvestition durch die S-KG erfolgt ist. -
Der Gewinnfeststellungsbescheid der S-KG hat nämlich keine
Bindungswirkung für den Einkommensteuerbescheid. Eine solche Bindungswirkung
kann nur dann bestehen, wenn sie der Gesetzgeber angeordnet hat. Eine derartige
Regelung des Gesetzgebers gibt es bei der Übertragung der Rücklage für einen
Veräußerungsgewinn aber nicht.
Hinweise: Zwar fiel der
Gewinnfeststellungsbescheid für den Kläger vorteilhaft aus, weil das Finanzamt
den Gewinnanteil des Klägers um ca. 5.000 € gemindert hat. Die
Klage verfolgte aber den Zweck, die Frage zu klären, ob die Rücklage überhaupt
auf die S-KG übertragen werden konnte. Der Kläger erhoffte sich insoweit eine
positive Entscheidung durch das Finanzamt bzw. durch den BFH. Diese positive
Entscheidung blieb aber aus, weil das Finanzamt, das für die Einkommensteuer
des Klägers zuständig ist, die Frage klären muss, wann der Kläger das
Grundstück im steuerlichen Sinn verkauft hat. Hierfür kommt es nämlich nicht
auf das Datum des Kaufvertrags, sondern auf den sog. Nutzen- und Lastenwechsel
an, der im Kaufvertrag vereinbart wird.
Sollte der Einkommensteuerbescheid des Klägers für das Jahr 2006,
in dem das Finanzamt die Rücklage mangels Übertragbarkeit und mangels
fristgerechter Reinvestition im Landwirtschaftsbetrieb gewinnerhöhend aufgelöst
hat, noch nicht bestandskräftig sein, kann die vom Kläger begehrte Entscheidung
eines nach dem 31.12.2001 erzielten Veräußerungsgewinns verfahrensrechtlich
noch getroffen werden.
BFH, Urteil vom 16.12.2021 – IV R 7/19; NWB