Folgen einer fehlerhaft vorgenommenen doppelten Abschreibung bei
Vermietungseinkünften27. August 2020
Anschaffungskosten können insgesamt nur einmal abgeschrieben
werden. Nimmt ein Steuerpflichtiger die Abschreibung fehlerhaft doppelt in
Anspruch und wird der entsprechende Bescheid bestandskräftig, mindert sich das
Abschreibungsvolumen in den Folgejahren. Die Abschreibung kann daher in den
Folgejahren nicht noch einmal in Anspruch genommen werden.
Hintergrund: Wirtschaftsgüter,
die zum Anlagevermögen gehören und deren Nettobetrag mehr als 800 €
beträgt, werden über die Nutzungsdauer abgeschrieben. Bei einer Nutzungsdauer
von 10 Jahren ist das Wirtschaftsgut also jährlich mit 10 % abzuschreiben.
Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GbR, die Immobilien vermietete und Einkünfte aus Vermietung und
Verpachtung erzielte. Im Dezember 2008 erwarb sie für eine Immobilie
Klimageräte zum Kaufpreis von 42.455 € netto, den sie Anfang 2009
bezahlte. Die Nutzungsdauer der Geräte betrug 10 Jahre. Die GbR machte für 2008
eine zeitanteilige Abschreibung von 354 € und ab 2009 eine
jährliche Abschreibung von 4.246 € geltend. Zusätzlich – und
zu Unrecht – machte sie im Jahr 2009 den gesamten Nettokaufpreis in Höhe
von 42.455 € als Erhaltungsaufwand geltend. Das Finanzamt bemerkte
den Fehler zunächst nicht und erkannte für 2009 sowohl die Abschreibung in Höhe
von 4.246 € als auch die Erhaltungsaufwendungen in Höhe von
42.455 € als Werbungskosten an. Für 2010 und 2011 erkannte das
Finanzamt die jährliche Abschreibung in Höhe von 4.246 € an. Die
Gewinnfeststellungsbescheide für die Klägerin für 2008 bis 2011 wurden
bestandskräftig. Als das Finanzamt im Jahr 2017 bemerkte, dass die Klägerin für
2009 zusätzlich den gesamten Betrag als Werbungskosten geltend gemacht hatte,
war für die Jahre 2008 bis 2011 bereits Verjährung eingetreten. Das Finanzamt
erkannte nun für 2012 die jährliche Abschreibung von 4.246 € nicht
mehr an und änderte den Bescheid zuungunsten der Klägerin.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht:
-
Anschaffungskosten dürfen in Höhe der Bemessungsgrundlage, d.h.
in Höhe der Anschaffungskosten, abgeschrieben werden. Die Abschreibung darf
aber nur einmal erfolgen, da auch die Anschaffungskosten nur einmal getätigt
worden sind. -
Wird die Abschreibung zu Unrecht doppelt vorgenommen und ist
der Bescheid bestandskräftig, erhöht sich dadurch nicht das
Abschreibungspotenzial. Vielmehr mindert die zu Unrecht in Anspruch genommene
Abschreibung den Restwert und damit das künftige Abschreibungspotenzial. Auf
diese Weise wird sichergestellt, dass die Anschaffungskosten insgesamt nur
einmal abgeschrieben werden. -
Im Streitfall hat die Klägerin durch die vollständige Absetzung
des Nettokaufpreises in der Steuererklärung 2009 das Abschreibungsvolumen
aufgebraucht. Damit waren ab 2010 keine Abschreibungen mehr zulässig. Das
Finanzamt konnte zwar die Bescheide für 2010 und 2011 nicht mehr ändern, weil
bereits Verjährung eingetreten war, aber es konnte dafür die Abschreibung für
2012 versagen.
Hinweise: Die Entscheidung
betrifft Vermietungseinkünfte. Bei einer Bilanzierung gilt aber ebenfalls, dass
eine doppelte Abschreibung nicht zulässig ist. Bei der Bilanzierung wird je
nach Art des Wirtschaftsguts entweder – bei beweglichen Wirtschaftsgütern
– nur der verbleibende Restwert auf die Restnutzungsdauer abgeschrieben,
so dass sich eine niedrigere Abschreibung ergibt, oder – bei Gebäuden
– der unveränderte Abschreibungssatz auf den Restwert angewendet, so dass
sich die Restnutzungsdauer verkürzt.
BFH, Urteil v. 28.4.2020 – IX R 14/19; NWB